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Im Interview mit Trends der Kunstsoffverarbeitung (TdK): Tim Reinecke und Dominik Herke, Auszubildende im dritten bzw. ersten Lehrjahr bei der NOVAPAX Kunststofftechnik Steiner GmbH & Co. KG in Berlin, erläutern, was sie am anspruchsvollen Beruf des Werkzeugmechanikers fasziniert.

Wolfgang Steiner, Inhaber-Geschäftsführer des Berliner Unternehmens, schildert, was NOVAPAX als Ausbildungsbetrieb gerade in Zeiten des Fachkräftemangels von den Wettbewerbern unterscheidet, Ausbildungsleiter Ulrich Rost beschreibt die Voraussetzungen, Chancen und langfristigen Potenziale einer Ausbildung bei Novapax und verdeutlicht, wie man junge Menschen für eine Ausbildung in der Kunststoffverarbeitung gewinnt, in der Ausbildung motiviert und schließlich auch im Unternehmen hält.

TdK: Herr Reinecke, Herr Herke, was hat Sie beide an diesem Beruf gereizt?

Dominik Herke: Ich fand schon immer das handwerkliche Arbeiten interessant. Es hat mir Spaß gemacht, mit Werkzeugen zu arbeiten oder Dinge selbst herzustellen. Deshalb habe ich mich für diesen Beruf entschieden.

TdK: Wie ist die Ausbildung zum Werkzeugmechaniker aufgebaut?

Ulrich Rost: Die Kernaufgabe des Werkzeugmechanikers mit der Fachrichtung Formenbau ist die Fertigung von Spritzgussformen für die Serienproduktion. Die dreieinhalb Jahre lange Ausbildung bereitet darauf intensiv vor.

Zu Beginn lernt man die unterschiedlichen Arten kennen, mit denen man Metall bearbeitet – Bohren, Feilen, Drehen und Fräsen. Man lernt die Werkstoffe kennen und erste Bauteile unter exakter Einhaltung der in den technischen Zeichnungen vorgegebenen Maße herzustellen und sie zu montieren, später dann den Umgang mit computergesteuerten Werkzeugmaschinen und wie man sie programmiert.

Mit Mess- und Prüfgeräten wird die Maßhaltigkeit der Werkstücke jeweils überprüft. Am Ende des zweiten Ausbildungsjahres steht eine Zwischenprüfung. Im letzten Ausbildungsjahr plant und fertigt man dann bereits ganze Werkzeugsysteme und wie man sie instand hält. Die Ausbildung endet mit einer schriftlichen und praktischen Prüfung vor der IHK.
TdK: Was sind Ihre Kernaufgaben?

Dominik Herke: Meine Kernaufgabe im ersten Lehrjahr ist momentan das Fräsen für Formeinsätze.

Tim Reinecke: Das habe ich auch am Anfang gemacht. Dazu kam das Sägen von Einsätzen zum Drahterodieren. Zusätzlich Drehen und Schleifen oder bei den Werkzeugen mitarbeiten – bei der Instandhaltung oder beim Neubau. Im Moment arbeite ich an einer CNC Werkzeugmaschine. Das bedeutet, ich programmiere diese Maschine.

TdK: Welche Eigenschaften benötigt man als Werkzeugbauer?

Dominik Herke: Zuerst muss man natürlich Spaß an handwerklichen Sachen haben. Man sollte keiner sein, der gerne sitzt und sich nicht bewegt. Sondern jemand, der motiviert ist. Man steht halt viel. Generell sollte man Freude daran haben, mit Werkzeugen zu arbeiten, Dinge herzustellen.

Tim Reinecke: Gute Kenntnisse in Mathematik und ein technisches Verständnis sind wichtige Voraussetzungen. Daneben muss man in der Lage sein, eine technische Zeichnung richtig lesen zu können.

TdK: Was macht Ihr Arbeitsgebiet für Sie besonders interessant?

Tim Reinecke: Es ist ein sehr vielfältiges Arbeitsgebiet. Als Werkzeugbauer ist man von der Herstellung der Einsätze bis zur Endmontage dabei. Das gibt es in den meisten Berufen nicht. Da macht man nur ein Teilgebiet. Ein Werkzeugmechaniker kann alles machen – er kann alles allein schultern. Der sägt sich ein Stück Stahl ab und kann dann daraus ein ganzes Werkzeug bauen – von vorne bis hinten. Die Guten können sich sogar die Konstruktionen selbst machen.

TdK: Herr Steiner, ein paar Worte zur Geschichte der NOVAPAX GmbH?

Wolfgang Steiner: Die Firma Novapax wurde 1949 von meinem Vater und meinem Onkel gegründet. Zu Beginn wurden verschiedene Metall- und Elektroprodukte hergestellt. Anfang der fünfziger Jahre kam dann jemand in den Betrieb und fragte, ob wir eine Spritzgussform bauen könnten. Mein Vater meinte: „Na ja, haben wir noch nicht gemacht, aber was brauchen Sie denn? Das kriegen wir hin!“

Das Ergebnis war sehr gut, und so sprach es sich wie ein Lauffeuer herum, dass es in Berlin eine Firma gibt, die Formen bauen kann. Firmen wie AEG und Siemens wollten dann Spritzgussteile von uns. Es ging dabei nicht nur darum, Stahl zu bearbeiten, sondern vielmehr darum, wie wir das Kunststoffteil so gestalten, dass es für die Fertigung optimiert ist.

Mein Vater war ein Erfindertyp, und so hat sich Novapax rasch einen Namen für die „schwierigen Fälle“ gemacht. So hatte die Firma Opti die Idee, Reißverschlüsse herzustellen, die nicht wie üblich aus Zähnen, sondern aus feinen Spiralen bestehen.

Jedoch existierten dafür keine geeigneten Fertigungsmittel und Maschinen. Diese hat dann mein Vater selbst entwickelt und zur Fertigungsreife gebracht. Die Opti-Spiralreißverschlüsse schlugen ein wie eine Bombe und waren über Jahre ein Erfolg.

Das war der Startschuss, um in Leer in Ostfriesland eine Maschinenfabrik aufzubauen, die dann mein Onkel leitete – die Novapax Maschinenbau GmbH & Co. KG. Dort entwickelten wir eine Spritzgussmaschine speziell zur Herstellung dieser Spiralreißverschlüsse. So sind wir in den Kunststoffmaschinenbau eingestiegen.

In Berlin haben wir dann den Formenbau erweitert und uns auf Spritzgussteile konzentriert. Das machen wir bis heute. Bis zum Mauerfall haben wir schwerpunktmäßig die Telefonindustrie beliefert. Diese Branche war damals sehr stark in Berlin vertreten. Der Mauerfall bedeutete jedoch eine Zäsur für diese Unternehmen, und wir begannen uns auf Zulieferunternehmen der Automobilindustrie zu konzentrieren. Mittlerweile haben wir kaum noch Kunden in Berlin, aber dafür weltweit.

Es gibt kaum Autos ohne einen Bauteil von Novapax. Der Formenbau ist nach wie vor für uns sehr wichtig. Denn unsere Kunden schätzen, dass bei Novapax alles aus einer Hand kommt – dass sie Form und Spritzgussteil erhalten. Das ist ein entscheidender Vorteil, weil Spritzgussteile immer komplexer werden. Zwar entwickeln wir keine neuen Produkte, aber die dafür erforderliche Fertigungstechnik. Dort bringen wir unser Know-how ein, somit ist für uns der Werkzeugbau unerlässlich. Dies ist nur möglich mit den gut ausgebildeten und motivierten Fachkräften.

TdK: Was motiviert Sie als Unternehmer, Ausbildungsplätze bereit zu stellen?

Wolfgang Steiner: Seit der Gründung des Unternehmens 1949 bildet Novapax aus. Im Bereich Formbau haben wir im Augenblick vier Auszubildende, und Ende des Jahres kommen noch zwei zusätzliche dazu. Zusätzlich bilden wir auch Kunststoffformgeber aus. Aktuell haben wir dort leider nur einen einzigen Auszubildenden. Es wird immer schwieriger, geeignete Jugendliche zu finden. Dadurch, dass wir nicht einfach nur Spritzgussteile fertigen, sondern auch die dazu gehörende Fertigungstechnik entwickeln, können wir uns von unseren Wettbewerbern deutlich absetzen. Das ist nur möglich mit gut ausgebildeten Mitarbeitern.

Als Unternehmer, finde ich, hat man der Gesellschaft gegenüber einer Verpflichtung, nicht nur egoistisch zu denken, sondern ihr auch etwas zu geben. Wir bilden auch aus, auch wenn wir sehen, dass die fertig ausgebildeten Fachkräfte später das Unternehmen wieder verlassen. Aber wir haben ihnen damit eine solide berufliche Grundlage gegeben. Es kommt auch vor, dass ehemalige Auszubildende nach einem Studium wieder zurück zu Novapax kommen. Wir sehen das dann als eine Bestätigung unseres Ausbildungskonzepts an.

TdK: Wie sieht die Ausbildung bei Novapax aus?

Ulrich Rost: Ich leite bei Novapax den Werkzeugbau und die Konstruktion, deshalb bin ich auch für die Ausbildung im Betrieb verantwortlich. Seit mehreren Jahren sprechen wir allgemeinbildende Schulen an und bieten Schülerpraktika an. Diese versuchen wir sehr interessant zu gestalten, um die Schüler neugierig auf den Beruf zu machen.

Das ist uns auch in vielen Fällen gelungen. In den zwei bis drei Wochen, die ein Praktikum dauert, lassen wir die Praktikanten immer ein Werkstück erstellen, das sie anschließend mit nach Hause nehmen können. Daran lernen sie zu feilen, zu drehen und zu fräsen. Mit den Schülerpraktika sind wir erfolgreich und konnten auf dieser Art die letzten Auszubildenden gewinnen. Wir betrachten dies als unser Erfolgsrezept und können es anderen Unternehmen nur empfehlen.

TdK: Welche Anforderungen haben Sie an die Auszubildenden?

Ulrich Rost: Zuerst steht da die persönliche Qualifikation. Es zählt der Eindruck des Bewerbers bei dem Vorstellungsgespräch. Aber wir sehen uns auch gerne das Elternhaus an und laden deshalb die Eltern zum Gespräch mit ein. Anschließend gibt es einen praktischen Test, bei dem die Bewerber nach den Vorgaben einer technischen Zeichnung feilen und sägen müssen. Wenn sie beide Hürden genommen haben, erhalten sie von Novapax einen Ausbildungsvertrag.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man die Auszubildenden nach etwa einem halben Jahr stärker im Betrieb einsetzen kann. Sie sind nicht isoliert in einer Lehrlingswerkstatt, sondern komplett im Arbeitsprozess eingebunden – ohne Zeitdruck. So können sie im Betrieb mitwirken und bleiben motiviert.

Nach der Ausbildung gibt es eine gute Zukunftsperspektive. Ein Mitarbeiter, der sich Mühe gibt, kann bei Novapax einen langfristigen Arbeitsplatz erhalten. Wenn wir sehen, dass sich jemand engagiert, sich für für das Unternehmen einsetzt, dann tun wir alles, dass er sich bei Novapax weiterentwickeln kann.

Wir geben uns große Mühe bei der Auswahl der Auszubildenden und genauso viel Mühe, sie dann im Unternehmen zu integrieren. Wir sind sehr großzügig bei Schulungen und Lehrgängen. Es ist ein Teil unser Unternehmensphilosophie, dass wir Mitarbeitern Weiterbildungsangebote machen.

Das hat sich bewährt, so haben wir im Werkzeug- und Formenbau einen großen Anteil von Mitarbeitern, die bei Novapax ihre Berufsausbildung gemacht haben und seitdem im Unternehmen geblieben sind und kontinuierlich aufgestiegen sind.

TdK: Was erwarten Sie im Gegenzug von Ihren Mitarbeitern?

Ulrich Rost: Wir erwarten, dass die Mitarbeiter zum Unternehmen stehen – wie auch umgekehrt. Wenn das Unternehmen einmal unter Druck geraten sollte, wie z.B. durch einen knappen Termin, dass sich dann die Mitarbeiter besonders engagieren. Das können Überstunden oder auch mal die Arbeit an einem Samstag sein, um die Abteilung am Laufen zu halten.

Im Umkehrschluss sind wir bei persönlichen Krisen flexibel und geben an dieser Stelle auch gerne etwas zurück. Das ist ein Geben und Nehmen. Ich wünsche mir, dass die Menschen gerne hierherkommen und dass man zusammen Dinge weiterentwickelt. Das sieht man unter anderem im Werkzeug- und Formenbau. Dort haben wir, dank der Unterstützung von Herrn Steiner, einen sehr modernen Maschinenpark. Das hat nicht jedes Unternehmen in der Branche.

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